Gott

Da steht er auf der Bühne im Wahlkampfzelt, der republikanische Senator dem man so massiv vorgeworfen hat Minderjährige sexuell missbraucht zu haben, dass selbst Mitglieder der eigenen Partei sich von ihm abgewandt haben. Aber der Präsident hat sich für ihn eingesetzt und deshalb ist er angetreten. Jetzt laufen über die Bildschirme die Meldungen der Nachrichtensender. Es ist vorbei. Er hat verloren. Er kann es nicht glauben. Er will es nicht glauben. Er glaubt es nicht. Er glaubt doch an Gott. Der soll es jetzt wenden. Es sind ja noch nicht alle Stimmen ausgezählt. Man kann auch noch einmal ganz neu auszählen. Das kann Wochen dauern. Gott soll es richten. Sie singen ein Kirchenlied. – So funktioniert Amerika, denkt der europäische Beobachter, ist irritiert und fühlt sich dabei bestätigt in seinem Vorurteil über das Land dessen Möglichkeiten unbegrenzt sein sollen. Noch so ein Vorurteil.

Daria R. Well schaut sich das Verhältnis der Amerikaner zu Gott von innen an. Sie blickt differenziert auf die Gesellschaft eines Landes, das sich als die führende Nation der Welt versteht und doch so sehr mit sich selbst beschäftigt ist, dass es nicht einmal die eigenen Probleme sieht, geschweige denn dazu bereit ist den Weg zu einer Lösung zu gehen.