

Julia Mesnét: Die Tochter der Apothekerin. Eine Geschichten aus einem fiktiven viktorianischen London. 290 Seiten. Edition Wilfried Fataller.
Es gibt in der Apotheke der Mutter ein Medikament, das auch bei schweren Krankheiten hilft, ein geheimes Rezept, von Generation zu Generation weitergegeben. Viele male hat sie der Mutter zugeschaut, bei der Zubereitung des feinen Pulvers. Ein falscher Griff, eine unüberlegte Bewegung und alles ist verdorben. Die Zubereitung verlangt hohe Genauigkeit und viel Konzentration. Sie ist sehr aufwändig und dauert einen ganzen Tag. Einen Tag an dem man nichts anderes machen kann. Man muss sich ganz auf die Zubereitung konzentrieren. Das Medikament ist sehr empfindlich. Schon nach wenigen Tagen verliert es seine Wirksamkeit. Man kann es deshalb nicht auf Vorrat produzieren.
Sie hat sich immer geweigert, das Verfahren zu lernen. Nur weil sie die Tochter der Apothekerin ist, musste sie doch nicht auch Apothekerin werden. Doch dann ist die Mutter sehr krank. Ganz plötzlich ist es gekommen, mitten im Winter. Auf den Straßen liegt so viel Schnee wie schon lange nicht mehr. Im Haus ist niemand, der sich durch den Schnee kämpfen könnte um den Arzt zu holen. Sie weiß, dass das Medikament der Mutter helfen wird. Sie geht von der Wohnstube hinunter in die Apotheke. Es ist bereits dunkel. Wird sie genug Kerzen haben um die ganze Nacht durchzuarbeiten, fragt sie sich. Sie hat der Mutter so oft zugesehen. Sie kennt jede Zutat und jeden Handgriff. Aber die Zubereitung hat sie noch nie gemacht. Zögernd stellt sie die Fläschchen und Tiegel auf den Tisch. Alles was sie braucht ist da. Sie konzentriert sich.
So beginnt die Geschichte von Julia Mesnét, die in einem fiktiven viktorianischen London spielt, dass es in seiner aktuellen Zeitlosigkeit so wohl nie gegeben hat. Die Illustrationen von Luise Rinn machen mit ihrer transparenten Farbigkeit die inneren Prozesse der Protagonisten dieser Geschichte wunderbar deutlich.
Artikeleigenschaften
Vielleicht gefällt Ihnen auch